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Museen Stade
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UNTOT. Archäologie BISS Popkultur

31. Oktober 2023 – 1. April 2024 | Schwedenspeicher

Wiedergänger verlassen ihr Grab, um 1500 (2 Inc. c. a. 3893, fol. h.ii) © Bayerische Staatsbibliothek, München

PRESSE: Einladung zum Ausstellungsrundgang
Mittwoch, den 1.11. um 11 Uhr


Im Totenbrauchtum drücken sich soziale, religiöse und kulturelle Vorstellungen ebenso wie persönliche Bindungen aus. Auch sind Sinngebungsprozesse am Werk: die Bewältigung von Verlusten für die Gemeinschaft der Lebenden und die Fürsorge für das Seelenheil der Toten. Bestattungsriten unterscheiden sich von Region zu Region und durch die Zeiten hinweg. Doch jede deutliche Abweichung von Bestattungen fällt bei Ausgrabungen auf. Dann mag der Zufall am Werk gewesen sein, hinter den meisten Abweichungen aber verbirgt sich eine Intention.

 

Flasche True Blood O-Positiv, 2011, Privatbesitz © Foto: Museen Stade

Plakat zum Film "Night of of the Living Dead“ von George A. Romero, 1968

Ist ein riesiger Stein im Grab, der Sarg verkehrt herum in der Erde, eine Münze im Mund oder eine Katze unter dem Kinn platziert, der Leichnam gepfählt oder das Herz entnommen, dann hat es die Archäologie sicher nicht mit Bestattungen im Sinne der christlichen Tradition zu tun. Erinnert ist man vielmehr an Riten, die man vielfältig aus der Literatur, der bildenden Kunst, aus Filmen, Serien und Spielen kennt. Doch der Glaube an schädigende Tote war lange verbreitet. Gerade während der Seuchenzüge vom 14. bis 15. Jh. dachte man, die Seuche über eine Abwehr vermeintlich schädigender Toter bannen zu können. Auch ältere und jüngere Zeugnisse sind bekannt. Wiederkehrende Tote haben viele Namen und finden sich vermutlich in allen Kulturen, ganz sicher jedoch in Europa und in Norddeutschland, gewissermaßen vor der eigenen Tür.

Mittelalterliche Schriftzeugnisse, die den Aberglauben an Untote bezeugen, sind bekannt. Mit der Neuzeit mehren sich die Berichte und sogenannte „Nachzehrer*innen“ treten auf den Plan. Sie verlassen jedoch nicht das Grab, sondern verbreiten ihr Unheil über das Kauen am Leichentuch und sind Ausdruck von umsichgreifenden Seuchen. Im 18. Jh. wurde die südosteuropäische Variante – die Vampir*innen – in Mittel- und Westeuropa populär, nicht ohne das östliche Europa zum Refugium des Aberglaubens zu stilisieren. Die Brauchtumssammlungen des 19. und frühen 20. Jh. sind um eine schriftliche Verzeichnung von dem Phänomen Wiederkehr bemüht, das zu dieser Zeit bereits am Abklingen ist. Im Nachgang blieben diese jedoch offen für völkische Interpretationen.
 

Roslyn Core, Fangirl Stitches, The Slayerettes, 2015 © Fangirl Stitches

Ausstellung

Die Ausstellung geht den wiederkehrenden Toten im deutschsprachigen Raum nach und den Maßnahmen, die man gegen sie ergriff. Eine konzentrierte Auswahl von Grabsituationen, begleitet von archäologischen Zeugnissen vom 10. bis 19. Jh. werden in dieser Ausstellung präsentiert. Darunter sind Bestattungen aus Harsefeld, Oldendorf, Riensförde, Ohrensen und der Hansestadt Stade ebenso wie aus Velbert-Neviges (Nordrhein-Westfalen), Molzbichel (Kärnten) oder Büren an der Aare (Bern). Darüber hinaus sind in der Ausstellung zahlreiche Zeugnisse aus der Popkultur zu entdecken. Seit der Literarisierung im 19. Jh. sind Untote aus diesem Bereich kaum wegzudenken. Hier zeigen sich Kontinuitäten zu Glaubenswelten, die es gegeben hat oder noch immer gibt. Aber es zeigen sich auch Verwandlungen und radikale Brüche, mit denen der Blick auf bislang Unreflektiertes gelenkt wird und Phantasmen beflügelt werden. Mit der Präsentation von historischem Material, Vielfältigem aus der Popkultur und künstlerischen Arbeiten von Leah Gordon, L und Alexandra Meyer wirft die Ausstellung Schlaglichter auf Erzählungen über fortlebende Untote.

Grabsituationen ausstellen

Innerhalb der gezeigten Grabsituationen begegnen uns Menschen. Ihnen blieb dem Glauben nach nicht nur der Zugang zur Welt der Lebenden, sondern auch zum Jenseits versagt. Museen sind der Vermittlung von Wissen verpflichtet – dies gilt auch für Erkenntnisse über Leben und Tod. Wir haben uns für eine Form der Präsentation entschieden, die dem gerecht wird und zugleich einen intimen und respektvollen Umgang zu den Menschen, deren individuelle Schicksale sich in den seltensten Fällen ermitteln lassen, erlaubt. Die Installationen sind von der Künstlerin Paula Müller gestaltet.

Das Mitbringen eines Smartphones ist für diese Ausstellung erforderlich, denn die Texte und ergänzendes Material werden über QR-Codes vermittelt. Das Mitbringen von Kopfhörern wird ebenso empfohlen.

Zur Ausstellung bieten wir die Publikation an von Daniel Nösler und Angelika Franz: Geköpft und gepfählt. Archäologen auf der Jagd nach den Untoten, Darmstadt: Theiss, 2016 (22 Euro)

 

Printfähiges Bildmaterial erhalten Sie durch ein Klicken auf die Abbildungen und in unserem Pressebereich, login: kunsthaus2010

Pressekontakt: Luisa Pauline Fink | presse@museen-stade.de | tel 04141. 79 773 14 | fax 04141.79773 99