



ZIEMLICH BESTE FREUNDE
HANS THUAR & AUGUST MACKE
4. Februar bis 29. Mai 2023
Die Ausstellung rückt Leben und Werk zweier expressionistischer Künstler in den Fokus, die durch eine besondere Freundschaft miteinander verbunden sind. Hans Thuar ist neun, August Macke zehn Jahre alt, als sich die Nachbarsjungen in Köln anfreunden. Die beiden begeistern sich nicht nur für die wilden Spiele im Neubaugebiet am Kölner Stadtrand, sondern sind gleichermaßen fasziniert von den japanischen Holzschnitten, die Vater Thuar in seiner Grafiksammlung verwahrt. „Wir saßen – wir wilden, wilden Jungens – vor diesen unglaublich subtilen Reisblättern [...] und waren begeistert, erschüttert und so andächtig, wie uns noch keine Kirche je gesehen hatte“, erinnert sich Thuar.
Zwischen den beiden entwickelt sich eine ganz besondere Beziehung, die sich durch Thuars Unfall und seine folgende Invalidität – er verliert bei einem Straßenbahnunglück beide Beine – ein Jahr später noch verstärkt. Durch seinen Humor gibt Macke dem Freund den Lebensmut zurück. „Damals erfand er das Karikaturenzeichnen, ich mußte doch lachen, ich sollte doch um jeden Preis lachen!“
Die räumliche Trennung, die sich durch Umzug der Familie Macke nach Bonn und später durch Mackes zahlreiche Reisen ergibt, tut der Freundschaft keinen Abbruch – auch nicht die so unterschiedlich ausgeprägten Persönlichkeiten. Beide werden Künstler und gehören mit ihren Werken vor dem Ersten Weltkrieg zu den heftig angefeindeten expressionistischen Modernen. „Eine starke lebendige Empfindung zu gestalten“ (Macke) – ist das Motto, das sie bei ihren Experimenten antreibt. Damit verbunden ist die Suche nach einer modernen Sprache der Kunst, die den veränderten Bedingungen am Beginn des 20. Jahrhunderts Rechnung trägt. Während Macke auf experimentierfreudige Weise einen Ausdruck für seine Vorstellungen vom irdischen Paradies sucht, spiegelt sich bei Thuar eine existentielle Beziehung zur Natur.
Nach Mackes frühem Tod als Soldat im Ersten Weltkrieg setzt sich der Kontakt mit Mackes Frau, seinen Söhnen und seinem Freundeskreis fort. In den 1920er Jahren malt Thuar großartige hochexpressive, leuchtend farbige, ganz eigenständige Kompositionen, in denen er „seine Seele ausgießen konnte“. Inflation und Wirtschaftskrise bringen den Künstler und seine fünfköpfige Familie immer wieder an den Rand des Existenzminimums. Kunsthandwerkliche Arbeiten, selbst entwickelte Salben und Cremes, der Betrieb einer Tankstelle und eines Cafés und schließlich die Eröffnung eines Holzladens tragen zum Lebensunterhalt bei. Seine Behinderung macht Thuar oftmals körperlich wie seelisch zu schaffen. Auf der ersten Reise nach 25 Jahren entstehen in Ried in Oberbayern im Haus von Maria Marc, der Witwe von Franz Marc, Werke, in denen die Alpenlandschaft mit abstrahierenden Pinselzügen expressiv aufgeladen wird. Mit der Heirat von Mackes Sohn Wolfgang und Thuars Tochter Gisela wachsen die beiden Künstlerfamilien an Weihnachten 1937 endgültig zusammen.
Ausstellung und Katalog gehen einer einzigartigen Künstlerfreundschaft nach und stellen mit Thuar einen Künstler in den Mittelpunkt, der beinahe in Vergessenheit geraten ist. Bereits 2020 war die Ausstellung für kurze Zeit im Kunsthaus zu sehen, musste jedoch coronabedingt schließen. In einer leicht veränderten Fassung sind aktuell Werke aus allen Schaffensphasen von Thuar zu sehen, überwiegend Gemälde, aber auch kunsthandwerkliche Arbeiten und Zeichnungen. Viele davon stammen aus dem Nachlass und werden erstmals präsentiert.
Zudem illustriert eine grafische Kurzgeschichte der jungen Künstlerin Yuka Masuko die besondere Freundschaft der beiden Künstler auf der Basis von Erinnerungen und Briefzitaten.
Kuratorin: Dr. Ina Ewers-Schultz
Wir widmen diese Ausstellung Til Macke.
